Werkstatt für Liedtexter

  1. an Schulen: Doppelstunde Deutsch
  2. auf Freizeiten, Kreativ-Wochenenden oder in Jugendstunden

 

Wie man sich auf Vers und Strophe einen Reim machen kann

Der Liedermacher Jörg Swoboda textet mit Schülern

 

Konzeptbeschreibung

Unter Anleitung eines Liedermachers erwerben oder reaktivieren Schüler Kenntnisse der Verslehre und wenden sie beim Schaffen eines eigenen Textes zu einem Thema ihrer Wahl an.

 

Methodische Schritte

  1. Ich stelle ein Lied vor und singe es.
  2. Begriffsklärung, was man unter einem Liedermacher verstehen kann.
  3. Ich berichte von meinem Werdegang zum Liedermacher,
  4. mache die Schüler mit meinen Arbeitsmitteln vertraut,
  5. vermittle an einem Beispiel aus meiner Liedermacherwerkstatt Grundkenntnisse der Verslehre und Liedtexterarbeitung,
  6. lasse von den Schülern ein Thema wählen und
  7. erarbeite gemeinsam mit ihnen einen Liedtext.

 

Erläuterungen

Zu 1: Die Schüler müssen mich erst in Aktion erleben. Mit diesem Lied legitimiere ich mich sozusagen als Liedermacher.
Zu 2: Klärung der Frage: Was ist ein Liedermacher?
Zu 3: Ich berichte, welche Faktoren in Familie, Schule und kirchlicher Jugendgruppe speziell bei mir ausschlaggebend waren und rege die Schüler an, solche oder ganz andere Faktoren in ihrem eigenen Leben zu entdecken, aufzunehmen und zu entwickeln. Ich bemühe mich, jede Normierung zu vermeiden.
Zu 4: An Hilfsmitteln stelle ich vor: Notizbuch, Recorder, Instrument, Reimlexikon und erkläre, wie ich meinen Rechner einbeziehe.
Zu 5: Das zuerst gesungene Lied erläutere ich nun nach strukturellen Gesichtspunkten:

  • a) Hebungen und Senkungen (Versfüße)
  • b) Wie aus einer Mehrzahl von Versfüßen Verszeilen entstehen ,
  • c) wie mehrere Zeilen zu einer Strophe zusammengefügt werden,
  • d) welche Reimschemata Anwendung finden können (Reimpaarzeilen, umarmender Reim, Kreuzreim etc.)

Zu 6: Per Zuruf werden mögliche Themen genannt, die ich an der Tafel notiere. In einer Abstimmung legen sich die Schüler auf ein gemeinsames Thema fest.
Zu 7: Nun folgt der arbeitsintensivste Teil in den drei Schritten sammeln, sortieren, formulieren.

  • a) Sammeln von einzelnen Wörtern, Wortgruppen, Vergleichen etc. wie bei einer Ideenkonferenz, also wahllos und ohne Wertungen. Alles wird von mir an der Tafel notiert.
  • b) Beim Sortieren werden Gedankenblöcke und Sinneinheiten gebildet, inhaltliche oder auch unter dem Aspekt des späteren Reimens Zusammengehörigkeiten entdeckt und durch Verbindungslinien kenntlich gemacht. Hier legen wir auch fest, welche Inhalte in die verschiedenen Strophen einfließen werden und welche Reihenfolge die zu bildenden Strophen haben soll.
  • c) Das gemeinsame Formulieren erfordert das stärkste Engagement des Liedermachers, obwohl er den Schüler auch die schmerzhafte Seite von Gedankenblockaden nicht ersparen darf, damit die Freude, wenn der Geist endlich aus der Flasche ist, um so größer ist.
    Hier können die Schüler lernen,
    – dass jede Formulierung nur vorläufig ist und
    – man selbst solche, über die man sich gefreut hat, um noch besserer willen wieder opfern kann, weil immer noch anders, knapper und treffender formuliert werden kann und
    – dass man sich beim Formulieren zu immer größerer Klarheit hindurchdenken kann.
    Dies und noch mehr gehört zu den Lerneffekten des gemeinsamen Textens.

 

Zeitbedarf

Eine Doppelstunde im Fach Musik oder Deutsch

 

Altersstufe

ab Klasse 4

 

Gruppengröße

Zu bevorzugen sind kleinere Klassen. Zu vermeiden sind zusammengelegte Klassen, weil hier evtl. Rivalitäten, Imponiergehabe und die wegen der hohen Teilnehmerzahl reduzierte Steuerbarkeit der Gruppe kontraproduktiv sind.

 

Preis

nach Vereinbarung

 

Textbeispiele:

 

Tina

  1. Über Land und in Alleen
    kann man viele Kreuze sehn.
    Blumensträuße an den Bäumen
    schweigen von vergangnen Träumen.
  2. Tina wollte schnell nach Haus,
    denn die Disco war grad aus.
    Sie war immer ziemlich schüchtern,
    aber heute nicht ganz nüchtern.
  3. Trotzdem fuhr sie einfach los
    fühlte sich dabei ganz groß.
    Und bei hundertvierzig Sachen
    fing sie schallend an zu lachen.
  4. Jede Hemmung war sie los,
    flog dahin wie ein Geschoss,
    flog im Temporausch beim Rasen
    über endlos dunkle Straßen.
  5. Über Land und in Alleen
    kann man viele Kreuze sehn.
    Blumensträuße an den Bäumen
    schweigen von vergangnen Träumen.

Text: Jörg Swoboda mit den Schülern der achten Klassen der Mittelschule „Siegfried Richter“,
Gröditz, 5.2.2002
Mel.: Jörg Swoboda
Dieses Lied ist Titel 8 auf der CD „Flensburg“ © J. Swoboda

 

Drogenkarriere

Von falschen Vorbildern verführt,
hat er es schließlich ausprobiert.
Er fühlte sich so wohl dabei
und dachte, endlich wär er frei.

Am nächsten Morgen war er leer,
war ausgepumpt, der Kopf war schwer.
Er wollte wieder fröhlich sein,
und zog den nächsten Joint sich rein.

Bald reichte Haschisch nicht mehr aus.
Er fand den Reiz von Koks heraus.
Mit Crack fing er dann auch noch an.
Da war der Zug schon abgefahr’n.

Auf seinen Sarg fiel dumpf der Sand.
Als alles dort zum Abschied stand,
brach keiner über ihn den Stab.
Leis fiel der erste Schnee aufs Grab.

Text: J. Swoboda nach einem gemeinsamen Text mit der Kl. 6 b des Theodor-Heuss-Gymnasiums,
Pinneberg, 15.2.2000
© J. Swoboda

 

BSE

BSE im old UK
tut uns plötzlich selber weh.
Schnelles Geld und viel Profit,
darum geht’s in diesem Lied.

Jede Kuh, die Tiermehl fraß,
wollte doch viel lieber Gras.
Leer gefegt steht mancher Stall,
Scheiterhaufen überall.

Zaghaft kaufen alle ein,
aber lieber jetzt vom Schwein.
Doch nun kriegen wir den Rest:
Jetzt kommt auch noch Schweinepest.

Text: Jörg Swoboda mit den Schülern der Klasse Kl. 7d des Friedrich-Gymnasiums in Frankfurt/Oder,
7.3.01
© J. Swoboda

 

Lehrer Keitschi

  1. Ganz seltsam ist das Fach Latein,
    denn immer muss man artig sein.
    Acht Paragraphen an der Zahl,
    die sind des Schülers große Qual.

Refr.:
Wer Keitschis Paragraphen hasst,
dem wird ein Singstrich schnell verpasst.
Am Schuljahrssschluss herrscht große Not,
weil dann das große Singen droht.

  1. Und regelmäßig wird uns schlecht.
    Der Grund: Herr Keitsch hat immer recht.
    Auch was er mal nicht lesen kann,
    das streicht er uns als Fehler an.
  2. Nie schenkt er eine Gnadenfrist,
    weil er nun mal ein Lehrer ist.
    Trotzdem ist Keitschi immer fair,
    denn Schüler int’ressier’n ihn sehr.
  3. „Nur wer sich quält, bringt Qualität.“
    Bei Keitschi merkt man das konkret.
    Vokabeln lernen ist sehr schwer.
    Bei ihm, da stresst es noch viel mehr.
  4. Bescheidenheit ist nicht sein Fall.
    Er sagt, sein Recht gilt überall.
    Nur nicht zu Haus‘. Da geht’s ihm schlecht,
    denn seine Frau hat noch mehr recht.

Text: J. Swoboda mit den Schülern der Schüler Klasse 7 des Gymnasiums Lage (Schulzentrum Werreanger),
21.11.02,
© J. Swoboda

 

Krieg

Nie entsteht von selbst ein Krieg.
Jeder träumt den Traum vom Sieg.
Hass und Rache, Rassenwahn
zünden viele Kriege an.

Manche ballern gern herum,
bringen dadurch Menschen um.
Haus und Schule sind kaputt.
Überall nur Tod und Schutt.

Wann verhallt der letzte Schuss?
Wann ist mit dem Töten Schluss?
Krieg begraben, das ist gut.
Lieber Gott, gib uns viel Mut!

Text: J. Swoboda mit den Schülern der Klasse 4 der Werner-Egk-Schule in Augsburg,
29.3.01,
© J. Swoboda

(Als bei der Abstimmung das Thema „Krieg“ den Zuschlag bekam, war bei den Jungen allgemeine Begeisterung, besonders unter denen aus Südosteuropa. Da fragte ich: „Wer von euch hat durch den Krieg schon Verwandte verloren?“ Schweigen, dann einzelne Meldungen: „Mein Großvater.“ „Mein Onkel.“)

 

„Wo Pferde auf Bäumen wachsen“ von K. Rösler